Gemeinde Blankenheim

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Das “Polenkreuz” in Lommersdorf - Stationen im Leben des polnischen Zwangsarbeiters Władysław Staniszewski

Władysław Staniszewski wurde am 8.5.1912 in Lowicz, Polen, westlich von Warschau geboren. Informationen zu seinem Leben vor seinem Einsatz als Zwangsarbeiter liegen bislang nicht vor.

Am 1.9.1939 begann der von Hitler befohlene Überfall auf Polen und der Zweite Weltkrieg. Dadurch, dass mehr und mehr deutsche Männer als Soldaten eingezogen wurden, sahen sich die Nationalsozialisten gezwungen, andere Arbeitskräfte für die Industrie, die Land- und Forstwirtschaft und mittelständische Betriebe zu finden. Dabei handelte es sich um sogenannte “Zivile Arbeitskräfte” (richtigerweise: Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter), Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge.

Die Anwerbung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern begann unmittelbar nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen im Jahr 1939. Dabei spielten falsche Versprechungen über Lohn, Unterbringung und Familiennachzug eine wichtige Rolle.

Es ist nicht bekannt, wann Władysław Staniszewski in die Eifel kam. Sicher ist aber, dass er im Winter 1941/42 als Zwangsarbeiter auf dem Bauernhof der Familie Peter Marjan in Lommersdorf Nr.18, heute Gemeinde Blankenheim, arbeitete. Dieses Foto zeigt ihn rechts neben zwei anderen Zwangsarbeitern. Die beiden Männer tragen das Abzeichen “P” für polnische Arbeiter, das getragen werden musste.                                                                                                                                            

Welche weiteren Bestimmungen bei der Beschäftigung polnischer Zwangsarbeiter- und -arbeiterinnen zu beachten waren, erläutert dieses “Merkblatt für deutsche Betriebsführer”:

Zu seinem Verhängnis wurde Herrn Staniszewski die letzte Bestimmung dieses Merkblatts: “Was hat der deutsche Volksgenosse auf dem schnellsten Wege [...] zu melden. [...] Der Geschlechtsverkehr mit Deutschen sowie jeder Versuch der Polen, sich einer deutschen Frau mit unsittlichen Anträgen zu nähern.”

Wie genau das Verhältnis zwischen Herrn Staniszewski und Frau Marjan wirklich war, lässt sich nicht sagen. Lommersdorfer Zeitzeug:innen beschrieben den polnischen Zwangsarbeiter als korrekt, fleißig, hilfsbereit und anständig. Ob die beiden wirklich ein intimes Verhältnis hatten oder ob es ihnen lediglich “angehängt” wurde, muss offen bleiben.

Anna Marjan, geborene Kirwel, war verheiratet mit Wilhelm Marjan, dem Sohn des Hofbesitzers Peter Marjan. Auch sie wurde auf Veranlassung der Gestapo Aachen verhaftet. Nach Aussage einer Blankenheimer Zeitzeugin wurden ihr die Haare abgeschnitten und sie musste in der Blankenheimer Molkerei zur Strafe arbeiten. Am 11. April 1942 wurde Anna Marjan wegen „Verk.[ehr] m. Polen“ im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert.

Herr Staniszewski wurde am 13.1.1942 auf Veranlassung der Gestapo in Aachen wegen “verbotenen Geschlechtsverkehrs” mit einer Deutschen ins Gefängnis Blankenheim eingeliefert und anschließend ins Gefängnis nach Aachen gebracht.

Nachdem Herr Staniszewski einige Monate in Aachen in Haft gewesen war, wurde er am 30.10.1942 auf Befehl der Gestapo durch die SS am Ortsrand von Lommersdorf, Flur “Am Komt”, erhängt. Polnische Zwangsarbeiter aus der näheren Umgebung wurden gezwungen, sich die Hinrichtung anzuschauen. 

Staniszewski wohl irrtümlicherweise für einen Russen hielt.

Das Gedenkkreuz in Blankenheim-Lommersdorf
Nach Kriegsende wurde von anderen polnischen Zwangsarbeitern am Hinrichtungsort das später so genannte erste “Polenkreuz” errichtet, das am 26.8.1945 in Anwesenheit des Lommersdorfer Pfarrers Spülbeck, Lommersdorfer Bürger:innen und vieler Polinnen und Polen eingeweiht wurde.

Im August 1996 kam es zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aachen im Todesfall, die aber am 18.11.1996 als ergebnislos abgeschlossen wurden. Die Geschichte des “Polenkreuzes” wurde im Jahr 2010 von Schülerinnen und Schülern der Realschule Blankenheim unter der Leitung des Lehrers Markus M. Schmitz recherchiert. Am 21.11. 2010 wurde am zwischenzeitlich erneuerten Kreuz eine Gedenktafel angebracht und das Kreuz durch Pfarrer Meuser in Anwesenheit zahlreicher Lommersdorfer Bürger:innen gesegnet.

Der Text der Gedenktafel lautet:

Zum Gedenken an

den polnischen Zwangsarbeiter

Władysław Staniszewski

* 8.5.1912, + 30.10.1942 ,

der durch das unmenschliche Regime der Nationalsozialisten

an dieser Stelle durch den Strang hingerichtet wurde.

Das mittlerweile morsche zweite Kreuz wurde im Herbst 2024 durch ein neues Kreuz und einen neuen Sockel ersetzt. Dies wurde finanziell ermöglicht durch großzügige Spenden der Kreissparkasse Euskirchen und des Vereins zur Förderung der Burg und anderer Kulturgüter in Blankenheim.

 

Quellenangaben:

https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-355468

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